Konstruierte Wirklichkeiten und wirkliche Konstruktionen

Jule Schaffer, 2014

Tamara Lorenz fotografiert Objekte im Raum und verlängert Fotografien zu räumlichen Objekten. In der Ausstellung Symptomsache stellen sich ihre Arbeiten dem Betrachter gleich in mehrfacher Hinsicht in den Weg. So ragen direkt am Eingang einige Objekte weit in den Raum – sind das Skulpturen, Displays für Fotografien oder verweisen sie nur auf die Fotos an der Wand? Dort sind zweidimensionale fotografische Arbeiten angebracht, die eher wie abstrakte Gemälde wirken. Erst beim zweiten Hinschauen wird klar, dass es durchaus reale Gegenstände sind, die Lorenz fotografiert hat: Zu sehen sind vorgefundene Objekte, bemalte Latten, Bretter, Stäbe und Rollen, die hintereinander gestaffelt und anschließend fotografiert wurden und sich nun, als Bild, seltsam zweidimensional zueinander verhalten. Rote, gelbe, blaue und schwarze voneinander abgegrenzte Flächen erinnern an Gemälde Mondrians, bis auffällt, dass einer der Stäbe einen Schatten wirft und so das Fotografische einen Weg zurück ins Bild findet. Für diesen seltsam oszillierenden Eindruck lässt Lorenz Licht und Schatten in gezielte, jedoch unvertraute Interaktion treten, bis sich auf der fotografischen Fläche normale Raumverhältnisse auflösen. Der Raum ist zwar real, entziffern lässt er sich jedoch nicht. Zugleich haben die fotografierten Objekte seltsame Ähnlichkeit mit jenen Konstruktionen, die physisch in den Raum hineinragen. Tamara Lorenz fordert den Betrachter heraus sich zu fragen: Ist der Raum, das Bild, der Bildraum und schließlich das Bild, was ich mir von dem Raum mache, in dem ich stehe, real oder eine Konstruktion? Die Antwort wäre: beides.

Tamara Lorenz arbeitet in oft abstrakt oder installativ wirkenden fotografischen Bildern, in Mixed Media, skulpturähnlichen Objekten, Videos und Fotobüchern. 1972 in Oberhausen geboren, machte Lorenz ihr Diplom in visueller Kommunikation und Fotodesign 2000 an der Fachhochschule Dortmund und studierte anschließend von 2001-2004 Medienkunst an der Kunsthochschule für Medien. Neben Einzelausstellungen u.a. im Forum für Fotografie in Köln, der HFBK Hamburg, in Spanien und in Ecuador war sie an zahlreichen internationalen Gruppenausstellungen vertreten, u.a. in Sydney, Washington und Stockholm. 2001 erhielt sie ein DAAD Stipendium für das New Yorker International Center of Photography wo sie unter Sam Samore studierte. Zudem erhielt sie das Chargesheimer Stipendium (2006) sowie das Atelierstipendium auf Schloss Ringenberg (2009). 2008 erschienen ihre Kunstbücher So oder so und Phänotype bei Darling Publications, Köln.